Alpenpanorama-Route Nr. 4

Radvergnügen bei den Eidgenossen

Die Schweiz steht für markante Berge, Seen und Brauchtum. Die Alpenpanorama-Route führt von Ost nach West durch das Postkartenidyll. Doch kann man bei dem teuren Franken überhaupt durch das Land reisen? Auf jeden Fall! Bei Radlern stehen sowieso eher Wetter, Käse oder Schokolade im Vordergrund.

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Text/Bilder: Thorsten Brönner

Grau. Alles Grau und Nass. An der Alpennordseite hängt ein massives Tiefdruckgebiet. Ich sehe keine zehn Meter. Es schüttet, als hätte man in der Dusche die Brause voll aufgedreht und die Heizung ist kaputt. Die Regenkleidung klebt wie ein Kaugummi an der Haut. Mir ist heiß und kalt zugleich. Grrr! Es reicht! Will der steile Glaubenbühlpass denn nie enden? Was der Name wohl bedeutet? Eine andere Frage gräbt sich von Kehre zu Kehre tiefer ins Gemüt: Wieso hast du dich in der Frühe nicht in den Bus gesetzt? WIESO? Ich habe mir das schöner ausgemalt! Dabei begann die Tour so beschaulich.

Neun Wege durch die Schweiz

Ich fahre gerne in die Schweiz, sehr sogar. Es ist bereits meine 14. Radtour hier. Seit Jahren reizt mich die Alpenpanorama-Route. Sie ist die Königin der neun nationalen Velowege: Knapp 480 Kilometer lang, mit 7.900 Höhenmetern gespickt; Anstiege, rasante Abfahrten, Wiesen, drumherum Berge. Da sollten die Fitness und das Wetter auf jeden Fall stimmen. Heute passt beides. Als ich das Fahrrad aus dem Zug trage, ist der Himmel von St. Margrethen leicht bewölkt. Es ist angenehm warm – T-Shirtwetter am Bodensee. Die Straße führt ohne Einrollpassage den ersten Hang hinauf. Nach wenigen Minuten im Sattel stellt sich ein vertrautes Bild ein: Kleine Wäldchen wechseln mit verstreuten Gehöften. Es ist eine Landschaft wie aus den Heidi-Zeichentrickfilmen. Weiße Zicklein meckern. Auf der benachbarten Weide liegen wiederkäuende Rinder. In den Dörfern grüßen Schulkinder freundlich.

Die roten Schilder mit der Nummer vier markieren den Weg Richtung Westen. Es geht mit weiten Schleifen durch Teufen und Appenzell dem Etappenziel Urnäsch entgegen. Was mich vorantreibt? Käse! Es gibt ihn an der Strecke als Appenzeller, als Alpen-Tilsiter, als Emmentaler und als Berner Alpkäse. Auch die Namen der Kreationen in der Westschweiz zergehen auf der Zunge: Freiburger Vacherin, Gruyère, L’Etivaz und Walliser Raclette-Käse. Den Auftakt ins Reich des Appenzeller Käses kann ich durchweg als gelungen bezeichnen!

Sommerparadies für Kühe

Meine Käseexkursion läuft am zweiten Tag durch die Region des AlpenTilsiters und hält auf die Glarner Alpen zu. Ich übernachte im Bergdorf Urnerboden im Kanton Uri. Hier kerbt sich ein acht Kilometer langes Wiesental wie ein Amphitheater in die mehr als 3.000 Meter hohen Berge ein. Jede Saison verbringen über 1.000 Kühe und 700 Rinder den Sommer auf der größten Alp der Schweiz. Der Klausenpass führt mitten hindurch. Es ist windstill, dazu ein blauer Himmel mit zarten Wolkenschiffchen. Früh am Morgen fällt die Eingangstür des Gasthauses Urnerboden hinter mir zu. Freudig strample ich an dunkelbraunen Holzhütten und Viehställen vorbei. Sie sind solide gebaut, mit Schindeln verkleidet. Davor Holzstapel, Bänke und ein üppiger Blumenschmuck. Ich lege das Fahrrad in die Kurven, gehe aus dem Sattel, setze mich wieder hin. Hochstimmung. Der Puls schlägt gleichmäßig, die Beine treten leicht, das Auge mustert die Umgebung. Hier das zutrauliche Braunvieh, das neben der Fahrbahn zwischen den Felsen herumkraxelt, dort die dicht hintereinander gestaffelten Gipfel.

Das Hotel Klausenpasshöhe rückt ins Bild. Fotostopp, trinken, Jacke an. Die Straße kippt ab. Sie taucht von 1.948 Metern hinunter an die Ufer des malerischsten Alpengewässers – den Vierwaldstättersee. Wie Finger greifen die Buchten in die umliegenden Berge. Hier soll Wilhelm Tell der Sage nach einen Apfel vom Kopf seines Sohns Walter geschossen haben. Hier duckt sich die Tellskapelle in ein Wäldchen. Und hier riefen anno 1291 die Urkantone Uri, Schwyz und Unterwalden ihre Bündnistreue aus – das Herz der Schweiz begann zu schlagen. Mit dem betagten Fährschiff Tellsprung geht es über das türkis leuchtende Wasser. Im Westen ballen sich jenseits des Pilatus, dem Hausberg von Luzern, dunkle Wolken zusammen. Ein Wetterumschwung?


GPS-Daten  |  Länge 476 km  |  Webcode #7823  |  GPX Track herunterladen


Die vollständige Tourenbeschreibung lesen Sie in der Ausgabe 3/2016 des Bike&Travel Magazins.

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