Grünes-Dach-Radweg

Auf und Ab durch die Stille

Der Name des Radwegs ist gut gewählt – Grünes Dach. Denn hier, im Osten Bayerns, geht ein Höhenzug in den nächsten über. Radler strampeln vom Fichtelgebirge in den Oberpfälzer Wald und weiter zum Bayerischen Wald.Wer sich von den Steigungen nicht abschrecken lässt, erlebt ruhige Stunden in der Natur. Ein gepflegtes Brauchtumund ein erstklassiger Bahntrassenweg würzen die 300-Kilometer-Tour, auf die sich Thorsten Brönner begeben hat.

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Text/Bilder: Thorsten Brönner

Hinter der Stadt Hof wird es schlagartig ländlich: Gumpertsreuth, Loddenreuth, Gassenreuth. So heißen die Dörfer, durch die ich radle. Es nieselt. Die Konturen der Hügel, des Walds und der Felder vereinen sich in der Ferne mit dem strukturlosen Himmel. Seit vier Tagen strample ich durch den Osten Bayerns, von einem Mittelgebirge zum nächsten.

In Nentschau beginnt ein neuer Abschnitt der Reise, der Grünes-Dach-Radweg. Auf ihm werde ich der deutsch-tschechischen Grenze folgen. Bis Bayerisch Eisenstein habe ich ebenfalls vier Etappen eingeplant. Die 300 Kilometer führen vorbei an den Oberläufen der Flüsse Eger, Waldnaab, Schwarzach und Regen. Bei der Vorbereitung kamen mir leichte Zweifel. Wieso wird die Route kaum umworben? Warum findet man im Internet so wenige Informationen darüber? Ist der Weg zu bergig, zu abgelegen? Ist dies ein Weg für Entdecker? Zeit, es heraus zu finden!

Der geteilte Kontinent

An der Beschilderung liegt es schon einmal nicht, die ist nämlich gut. An den Kreuzungen zeigen die grün-weißen Schilder des Bayernnetzes für Radler zuverlässig die Richtung an. Nach 15 Minuten zweigt einWeg zum Dreiländereck ab. Hier trafen einst die BRD, die DDR und die Tschechoslowakei aufeinander. Der gewundene Wasserlauf der Südlichen Regnitz markiert den Übergang. Daneben führt ein Holzbohlenweg durch denWald. An seiner Seite stehen zwei Schilder. »Ceska Republika« und gegenüber »Staatsgrenze«.

Doch die Grenze hat vor 27 Jahren ihren Schrecken verloren. Vom Anfang der 1950er Jahre bis 1989 durchschnitt eine nahezu unüberwindbare Barriere den Kontinent. Sie reichte auf 6.800 Kilometern von der Barentssee im Norden bis hinunter zum Schwarzen Meer. Der Zaun stand während der Kubakrise im Jahr 1962. Er stand bei der ersten Mondlandung 1969. Und er stand, als die beiden Supermächte USA und Sowjetunion Deutschland zu einer Abschussbasis ihrer Atomwaffen machten.

Wie durch ein Wunder behielten alle einen kühlen Kopf, in Europa kam es zu einer friedlichen Revolution. Im Schutz der Sperr- und Zaunanlagen eroberte die Natur einen grünen Streifen zurück. Der Radweg folgt diesem mal direkt, mal ein Stück westlich. Besonders beschaulich ist der Abschnitt entlang der Eger. Sie entspringt im Fichtelgebirge und mündet nach 316 Kilometern bei Litoměřice in die Elbe. Zwischen Hendelhammer und Königsmühle hat das Wasser ein U-Tal ausgewaschen, das man als Naturschutzgebiet bewahrt.

Die Laubbäume ragen weit über das Gewässer hinaus und spiegeln sich. Um ihre Stämme wuchert Farnkraut, das aussieht wie aus einer Urzeitdokumentation. Dahinter untermalen kirchturmhohe Granitfelsen das Bild. Eine Infotafel verrät, dass die Gesteinsgruppen in der Zeitspanne des Oberkarbons entstanden; das war vor 320 Millionen Jahren. Mit Glück sieht man hier seltene Arten wie Eisvogel oder Schwarzstorch.

Die Rollpassage endet bei Hohenberg. Mit zwei Geländestufen führt der Reiseweg hinauf zur Dreifaltigkeitskirche Kappl. Die eigenwillige Konstruktion mit ihren drei Zwiebeltürmen und dem ovalen Grundriss hat sich der Baumeister Georg Dientzenhofer in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts ausgedacht. Die Wallfahrt auf dem 600 Meter hohen Glasberg bei Waldsassen geht auf die Zeit um 1133 zurück, als man hier ein Dreifaltigkeitsbild verehrte. Im Inneren des barocken Zentralbaus trifft man immer wieder auf die Zahl 3. So hat der Kirchenraum, den man durch eine der drei Türen betritt, eine Dreiecksform. Es gibt drei Altäre, denen drei Fenster Licht spenden.


GPS-Daten | Länge 304 km | Webcode #0046 | GPX Track herunterladen


Den vollständige Beitrag lesen Sie in der Ausgabe 6/2016 des Bike&Travel Magazins.

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